Theater-AG des Emma-Herwegh-Gymnasiums führte „Einer von… uns“ auf.
Von Peter Klohs
Remscheid. Die Bühne in der Aula des Emma-Herwegh-Gymnasiums ist zugemüllt. Ein großer weißer Plastikeimer hat die Mitte eingenommen, umringt von einer Vielzahl Plastikflaschen, Milch- und Chipstüten und anderem Müll. Im Hintergrund liegt ein großer Metalltisch umgekehrt auf dem Boden. Junge Menschen gehen im Unrat umher, suchen Verwertbares, doch vergeblich. Keiner der Suchenden spricht, keiner lächelt. Es ist Endzeit. Es gibt nichts mehr zu essen.
Das ist die Ausgangslage des Theaterstücks „Einer von … uns?“, einem beispiellosen Einakter, der auf dem 1963 in Wuppertal erstmals in deutscher Sprache aufgeführtem Stück „Auf hoher See“ des polnischen Schriftstellers Slawomir Mrozek basiert. Der Leiter der Theater-AG des EMMA, Stefan Otto, hat das Stück, das ursprünglich für drei Schauspieler angelegt ist, etwas umschreiben und auf die Belange von acht Schülern anpassen müssen. „Aber der Inhalt ist geblieben“, verspricht Otto vor der Uraufführung am Donnerstagabend in der gut besuchten, aber nicht ausverkauften Aula. „Das liegt an Corona“, weiß er.
Das gut vierzigminütige Theaterstück beginnt mit den Suchenden auf dem Müllplatz. Unisono verkünden die acht Jugendlichen: „Wir haben Hunger.“ Man ist sich einig, dass „es das wohl war.“ Einig? Nicht ganz, denn eine junge Frau macht darauf aufmerksam, dass es durchaus noch etwas zu essen gibt. „Genauer: nicht etwas, sondern jemanden.“ Das Oktett sieht sich um, sieht niemanden. Der Schock der Erkenntnis ist deutlich: „Einer von … uns?“
Das Folgende offenbart den Menschen an sich und die Macht, die eine noch so kleine Gruppe über Minderheiten haben kann. Zunächst geben sich alle Beteiligten als Egoisten zu erkennen. Klar, keiner will sich opfern. Und trotzdem gelingt es der Gruppe einen der ihren als Opfer zu bestimmen. „Ich?“ ist der junge Mann entsetzt. „Warum ich?“ Weil die Gruppe es so bestimmt hat. Und daran können eine Wahl, die man sogar wiederholt, ein makabres Zahlenspiel und die vermeintliche Gewissheit „Wir sind doch zivilisierte Menschen“ nichts ändern. Die Masse hat ihr Opfer und wird es nicht aus dieser Rolle entlassen. Schließlich haben alle Hunger. Das Ende überrascht. Die Masse sitzt am gedeckten Tisch wie die Jünger beim Abendmahl, das Opfer hält eine Rede auf die Freiheit, während im Hintergrund bekannt wird, dass irgendwo Kartons mit Pizzas gefunden worden sind. Wird das Opfer jetzt verschont?
Die Theater-AG besticht durch die Gesamtleistung, obwohl das „Opfer“ (Semi Nazli) eine Art Hauptrolle inne hat. Die Technik (Arwen Steinhaus und Jan Zech) funktioniert bei der Premiere tadellos. Der Applaus ist langanhaltend.
(Quelle: Remscheider Generalanzeiger, 14.05.2022)
Weitere Aufführungen des Theaterstückes finden am 17. und am 18. Mai jeweils um 19.00 Uhr statt.